Verhinderungspflege

Verhinderungspflege: Wenn pflegende Angehörige eine Pause benötigen

Viele pflegebedürftige Menschen werden heute in den eigenen vier Wänden von ihren Angehörigen gepflegt. Die Gründe dafür können verschieden sein. Sie liegen oft in einer zu niedrigen Rente oder dem Wunsch, nicht in ein Pflegeheim abgeschoben zu werden. Benötigen die pflegenden Angehörigen einmal eine Vertretung oder eine zeitweise Entlastung, steht dem Pflegebedürftigen eine ersatzweise einspringende Verhinderungspflege zu.

Bei den pflegenden Stellvertretern kann es sich um andere Angehörige, entfernte Verwandte, ausgebildete Pflegehelfer, Freunde oder Nachbarn handeln. Auch ein ambulanter Pflegedienst kann mit der vorübergehenden Pflege des Betreuten beauftragt werden. Die Familie hat dabei die freie Wahl, welchen ambulanten Pflegedienst sie beauftragen möchte. Wer eine nahestehende Person Zuhause pflegt, sollte sich daher bereits zu Beginn der Pflegeübernahme einen oder zwei zuverlässige Pflegedienste aussuchen.

Die zu erbringenden und abrechnungsfähigen Ersatzleistungen, den Pflegeumfang und die Kosten für eine Verhinderungspflege regelt das Sozialgesetzbuch elf (SGB XI) in Paragraf 39. Der Wahrnehmung einer kurzen oder längeren Pause von der Pflege steht den pflegenden Angehörigen also nichts mehr im Wege.

Der Anspruch auf einen Stellvertreter bei familiären Pflegeleistungen

Die meisten pflegenden Angehörigen benötigen irgendwann eine Vertretung, die sich um den pflegebedürftigen Angehörigen kümmert. Meistens wird die ersatzweise Betreuung einer pflegebedürftigen Person durch einen eigenen Krankenhausaufenthalt, eine plötzliche Erkrankung, eine bereits gebuchte oder nötige Urlaubsreise oder eine notwendige Reha- bzw. Kurmaßnahme benötigt.

Alle pflegenden Angehörigen – alternativ auch der Pflegebedürftige selbst – können in solchen Situationen einen ambulanten Pflegedienst oder eine Person ihres Vertrauens als Stellvertreter für die notwendigen Pflegemaßnahmen einstellen. Vom Pflegegrad 2 an bis hin zum Pflegegrad 5 werden die Kosten dafür in einer definierten Höhe von der Pflegekasse erstattet.

Bis Ende 2016 hatten auch Versicherte mit niedrigeren Pflegestufen Anspruch auf eine Vertretung für den gewohnten Pfleger. Den Rechtsanspruch darauf haben heute aber nur noch Pflegebedürftige, die von der Pflegekasse mindestens den Pflegegrad 2 zuerkannt bekamen.

Mit der Änderung der Regularien haben heute auch betreuungsbedürftige Personen mit einer Demenzerkrankung einen Anspruch auf die Leistungen der Ersatzpflege, sofern sie noch Zuhause betreut werden können.

Wie definiert die Pflegeversicherung diese Leistung?

In § 39 SGB XI wird diese Ersatzleistung der Pflegeversicherung genauer definiert. Demnach übernimmt die Pflegekassen die anfallenden Kosten für eine ersatzweise Altenpflege, wenn die bisher tätig gewesene Pflegeperson wegen einer Kur- oder Reha-maßnahme, wegen eigener Krankheit, eines dringlich notwendigen Erholungsurlaubs oder aus familiären Gründen eine gewisse Zeit keine Pflegeleistungen erbringen kann.

Dieses Recht auf Erholung stellt eine Entlastung pflegender Angehöriger sicher. Es berücksichtigt aber auch die Notwendigkeit, dass ein pflegebedürftiger Mensch einen adäquaten Ersatz als Pflegehelfer gestellt bekommt, der nicht auf den entstandenen Kosten sitzen bleibt. Die Gründe, warum diese Leistung in Anspruch genommen werden kann, müssen nicht offengelegt werden.

Der Zeitraum, für den diese Pflegekassenleistung bewilligt wird, darf sechs Wochen pro Jahr nicht überschreiten. Die jeweilige Dauer dieser Ersatzleistung kann in Form von einigen freien Tagen pro Monat, mehreren Wochen Urlaub am Stück oder in anderthalb Monaten Vertretung je Jahr gewählt werden. Sinnvoll ist es aber für pflegende Angehörige, dass sie bei der zulässigen Gesamtdauer für eine Ersatzpflege eine eventuell eintretende akute Erkrankung oder einen notwendig werdenden Kuraufenthalt im Vorfeld der Planungen berücksichtigen.

Sinnvoll wäre also, drei oder vier Wochen für einen Urlaub oder eine Kur zu verplanen, und noch weitere zwei bzw. drei Wochen für den akuten bzw. kurzfristig eintretenden Bedarf in petto zu haben.

Was tun bei kurzfristigem Vertretungsbedarf?

In Fällen, wo der pflegende Stellvertreter von der pflegebedürftigen Person unerwartet schnell und kurzfristig benötigt wird, ist eine vorherige Antragstellung nicht zwingend notwendig. Es genügt, wenn während der Ersatzpflege alle Kostenbelege gesammelt und im Nachhinein bei der Pflegekasse zur Erstattung eingereicht werden.

Die abgerechneten Aufwendungen in dieser Zeit dürfen beispielsweise für die Sachleistungen eines ambulanten Pflegedienstes geltend gemacht werden. Ebenso können ein Verdienstausfall oder die Fahrtkosten pflegender Nachbarn oder Verwandter zu den erstattbaren Kosten gehören. Um die angefallenen Kosten erstattet zu bekommen, muss – gegebenenfalls auch nachträglich und rückwirkend – ein Antrag auf Kostenerstattung für die erhaltenen Pflegeleistungen bei der Pflegekasse eingereicht werden.

Pro Jahr dürfen nicht mehr als 1.612 Euro an Unkosten für solche Ersatzleistungen anfallen. Achtung: Der Antrag dafür muss vor dem 31.12. eines jeden Kalenderjahres eingereicht worden sein. Ist das nicht der Fall, verfällt der Anspruch auf die offenstehende Restsumme für dieses Kalenderjahr. Es lohnt sich also, die pflegebedingten Unkosten möglichst zeitnah zum entstandenen Ersatzpflegebedarf bei der Pflegekasse zur Erstattung einzureichen.

Zusammenfassung der wichtigsten Regeln

Um einen pflegewilligen und angemessenen Stellvertreter für den Pflegebedürftigen zu erhalten, muss nicht notwendigerweise VORAB ein Antrag auf Bewilligung der Kostenerstattung bei der Pflegekasse gestellt werden. Die stellvertretend übernommene Altenpflege kann für den in Anspruch genommenen Zeitraum auch nachträglich und rückwirkend beantragt werden, wenn der Bedarf unerwartet kurzfristig eingetreten ist. Voraussetzung für die Kostenerstattung sind die Pflegegrade 2, 3, 4, oder 5.

Die alljährlich für ersatzweise Pflegeleistungen beantragte Summe darf 1.612 Euro pro Kalenderjahr nicht überschreiten. Alle darüber hinaus gehenden Pflegekosten müssen aus eigener Tasche bestritten werden.

Jede Person, die der ersatzweisen Verhinderungspflege bedarf, hat im Jahr maximal für sechs Wochen einen Anspruch auf eine ersatzweise ausgeführte häusliche Pflege, sofern die gewohnte Pflegeperson aus irgendeinem Grund verhindert sein sollte. Der Grund, aus dem eine Ersatzkraft benötigt wird, spielt dabei keine Rolle. Es ist also egal, ob die pflegende Angehörige Urlaub machen möchte oder eine Kur benötigt, einen Sohn in Australien besuchen möchte, um ihren soeben geborenen Enkel kennenzulernen oder selbst krank geworden ist.

Das Pflegegeld für die Altenpflege wird nicht gekürzt, wenn es zu einer Ersatzpflege kommt.

Der Antrag auf Erstattung angefallener Pflegekosten muss vor dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres gestellt werden. Wurden bis zum 31.12. eines Jahres keinerlei Pflegeleistungen für die Ersatzpflege in Rechnung gestellt, verfallen die Ansprüche auf die Summe von 1.612 Euro für dieses Kalenderjahr. Bei Beantragung eines Teilbetrages der bewilligungsfähigen Gesamtsumme verfällt die noch offene Restsumme, wenn der Erstattungsantrag für das abgelaufene Kalenderjahr nach dem 31.12. eingereicht wurde.